So langsam bekommen wir alle Papiere zusammen. VISA werden heute offenbar nur noch selten in den Pass geklebt. Bei den einen gibt's ein Papier, das dann an der Grenze zum echten Visum wird, bei den anderen bleibt es schlicht ein Einlegezettel. Und manchmal ist es nicht mehr als eine Nummer, die dann geprüft wird. Die Zeiten ändern sich...
Die zehn Impfungen sind durch, Alipay funktioniert, auf der ELEFAND Liste sind wir eingetragen. Der Rucksack von der letzten Tour passt noch, VPN ist im Gepäck, die Krankenversicherung auf Langreise umgestellt, Durchsicht beim Zahnarzt war ohne Befund. Haare sind deutlich gestutzt. Viel mehr können wir von hier aus nicht vorbereiten, der Rest findet sich (hoffentlich) unterwegs. Elf Kilo Gepäck für drei Monate Nomadenleben - nicht viel und doch ganz anständig schwer auf dem Rücken.
Etappe I Raus aus Europa
Na, das geht ja gut los. Eigentlich sollten 2 GB Daten auf meiner eigens besorgten SIM-Karte sein. Hoffe, dass der Anbieter aus Lettland auf Anfragen reagiert.
Und dann fällt unser erster Zug (Stuttgart) aus. Ok, nun also Abfahrt ab Siegburg. Eine Stunde vor Abfahrt dann dasselbe Spiel. Zug fällt aus. Mannomann. Ordentlich Gas gegeben, die Sachen gegriffen und den vorangehenden Zug dank Autoshuttle unserer Tochter/Schwester gerade noch bekommen. Einigermaßen pünktlich Ankunft in Frankfurt.
Und während wir auf den Anschlusszug warten, Durchsage "der gesamte Bahnverkehr ist eingestellt". F***, jetzt wird's unangenehm. Kurz die Optionen durchgespielt - Mietwagen geht nicht, weil weder Führerschein noch Ausweis dabei. Taxi? Sehr teuer. Uber? Klappt. Noch ein Autoshuttle. Zwar nicht günstig, da bis Stuttgart. Aber funktioniert.
Doch auch der Zug ab Stuttgart hat schon wieder Probleme. Fällt aus bis München. Bis 16.00 war der Stand noch, dass der Zug an München vorbei über Passau umgeleitet wird. 🤷♂️Egal, müssen sehen, dass wir anders nach München kommen. Nette Unterstützung im Reisecenter. Züge rausgesucht, Stempel aufs Ticket. Reicht hoffentlich als Fahrschein. Leider weit und breit kein Zug, in dem wir das nutzen können. Spät kommt doch noch ein "Lumpensammler".
Um 00.06 sind wir in München. Sowohl der Schlafwagen nach Budapest ist weg als auch die Verbindung nach Salzburg, um den Schlafwagenzug ggfs. noch zu bekommen. Einmal haben 15min gefehlt, einmal 10min. Jetzt sitzen wir im Zug nach Wien. Abfahrt 01.07 Verspätet sich um mindestens 15min...
Wenn das hinter der deutschen Grenze nicht besser wird, weiß ich nicht, ob unsere Nerven das auf Dauer durchhalten...
Wir sind hart drangeblieben. Bis zum allerletzten Zug. Und haben in Salzburg unseren Schlafwagenzug tatsächlich noch erwischt. Um 03.30 endlich im Bett. Ähnlich Nächten, in denen ich auf Wildschweine ansitze. Gegen 08.00 wach geworden – ähnlich Tagen, an denen ich nach dem Nachtansitz morgens zur Nachsuche muss. Nicht super, aber immerhin ne Mütze voll Schlaf bekommen. Und schon wieder 90min Verspätung. Die stören uns aber nicht mehr so richtig. Ankunft in Budapest um 10.38
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Ein sonniger heißer Sonntag. Rucksäcke in nen Locker gesperrt. Die ÖPNV-App aktiviert und kontaktlos in die Metro. Leckeres Bagel-Frühstück in einem kleinen Café, das wir noch vom letzten Städtetrip kennen. Einmal rüber nach Buda, kleiner Gartenausflug. Schatten. Und immer in Bewegung bleiben, sonst kommt der Schlaf.
Beim Abendbrot gehen wir auch kein Risiko und holen uns lecker Langos, wieder bei ner bewährten Adresse. Den gesamten Tag haben wir ohne Cash geschafft. Vom Schließfach übers Essen bis zur U-Bahn konnten wir alles per Karte bzw. NFC-Chip am Handy bezahlen.
Und schon ist’s Zeit für den Bahnhof. Zug nach Bukarest. Abfahrt 19.10 Sehr nettes Abteil, sogar mit In-cabin Toilette und Dusche. Dusche funktioniert zwar nicht wirklich, aber insgesamt trotzdem sehr angenehm. Zur Abwechslung fährt der Zug mal pünktlich los.
Gehen schnell ins Bett. Schlafen sofort ein, werden aber um 22.30 durch lautes Klopfen jäh aus dem Tiefschlaf gerissen. Passkontrolle. Erst Ungarn, dann Rumänien. 30min später (jetzt 0.00) ist alles vorbei. Sehr gut geschlafen. Bei nem Stop in Brasov holen wir uns schnell nen Kaffee und kleines Gebäck. Und immer noch kann alles per Handy-NFC bezahlt werden.
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Einigermaßen pünktliche Ankunft in Bukarest. Als erstes die reservierten Bahntickets nach Sofia vom Schalter geholt. Dann in die U-Bahn (Ticket 0,60€). Und auch hier kann alles per Handy bezahlt werden.
Unser Apartment ist in einem alten, unansehnlichen Gebäude – sobald die Tür aufgeht, ist alles bestens. Danach ein Stadtrundgang durch Bukarest. Zwischen sozialistischen Wohnhäusern immer mal Altes und ganz Modernes. Am Ende eine Führung in Ceaucescus Stein gewordenem Irrsinn. 365.000qm hat der Palast des Volkes. 1,2m Tonnen Beton. Unten drunter ein Atombunker. Alles in weißem, pinkem, rotem und schwarzem Marmor verkleidet. Der größte Kronleuchter wiegt 5 Tonnen. 20.000 Arbeiter haben an dem Ding gebaut. Ca. 3m€ kosten Strom und Heizung pro Jahr. Ein Monument des Sozialismus. Der Diktatur des Proletariats.
Abends ist Bukarest ziemlich touristisch. Trotzdem ne nette Atmosphäre und viele einladende Restaurants. Freundliche und hilfsbereite Menschen.
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Heute geht’s nach Sofia. Vorher noch ein kleines Frühstück. Und wir brauchen Briefmarken, weil uns gestern die Post im Palast die Tür vor der Nase zugemacht hat. Google zeigt uns ne Post an, dort ist aber das Berufungsgericht. Imposanter Bau mit Sicherheitsschleuse und Polizei. Wir fragen – ja, es gibt ne Post: einmal durch den Scan bitte, dann schräg durch die Halle, Gang rechts bis ans Ende, Treppe runter, dann wieder bis ans Ende, nach links und kurz vorm Ende auf der rechten Seite.
In den Katakomben des Gerichts, in denen mir Einkaufswagen voller Akten entgegengeschoben werden, finde ich einen winzigen Raum. Drei Frauen bewegen diverse Stapel Gerichtspost. Hinter einer schmalen rotbraun gestrichenen hölzernen Theke frühstückt eine der Frauen, beißt nochmal herzhaft in ihr Wurstbrot und verschwindet dann mit Teller und Tasse. Kommt wieder, nun aber mit einem großen dunklen Reinigungsfleck, der sich von der Schulter bis zur Mitte ihres grauen T-Shirts ausdehnt. Meinen Wunsch „Four stamps to Germany please." quittiert sie mit einem barschen „Only cash!" “Sorry, no Lei. Ten Euros?” Taschenrechner betippt, widerwillig greift sie den Schein (ich hatte vorher das Porto gegoogelt). Holt ein vollkommen glattes, blütenweißes A4-Kuvert aus den Tiefen eines Schrankes, fischt einen Bogen heraus und reißt gelangweilt Marken ab. Der Rest des Bogens und meine zehn Euro verschwinden wieder im Kuvert. Die Marken werden einzeln mit nem Pritt-Stift auf die Karten geklebt. Hier ist Publikumsbetrieb nicht vorgesehen. Mit einem „Many thanks.“ verabschiede ich mich. „Have a nice day“, hallt mir nett hinterher, während ich schmunzelnd die kafkaeske Szene verlasse. Besser keine Fotos, sonst geht’s mir noch wie Josef K. in „Der Prozess“…
Nun aber zum Bahnhof. Zug nach Ruse/Sofia wird angezeigt. Was zu essen besorgt und rein in den Wagen. Das ist ein alter Bekannter vom Waggonbau Vetschau aus DDR-Zeiten. „Abgeranzt“, meint meine Tochter und in der Tat haben schon viele schwere Körper die blauen Polster durchgesessen. Immerhin kann man zur Belüftung die Fenster runterziehen und den Kopf in den Fahrtwind halten – ein Vergnügen, das jüngere Generationen im Westen gar nicht mehr kennen. Allerdings sind die Toiletten auch noch aus der alten Zeit „Auf dem Bahnhof nicht benutzen!“
Die Strecke zur bulgarischen Grenze verläuft durch riesige Felder. Bis zum Horizont beste Schwarzerde, einzelne Traktoren tellern die Weizen- und Maisstoppeln. Und auch hinter der Grenze in Bulgarien endlose Felder. Ankunft mit ca. 60min Verspätung um 21.35. Für heute reicht's. Sofia ist dunkel und leicht verregnet. In der Straßenbahn hält man wieder nur das Handy an den Bildschirm.
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Es war dunkel und regnerisch, als wir ankamen. Es war grau und regnerisch, als wir aufwachten. Und irgendwie passte das Wetter zu der Stadt. Wenn man ein wenig genauer hinschaut, sieht man, wie die sozialistische Vergangenheit immer noch da ist, das kapitalistische Jetzt aber schrittweise übernimmt. Unten habe ich ein paar gegenüberstellende Fotos hochgeladen. Alt links, neu rechts.
Ansonsten hat Sofia aber im engeren Zentrum eine Reihe typischer Sehenswürdigkeiten aus den diversen Epochen – Kirchen, Moschee, Synagoge, altes Badehaus. Thermalquelle mit öffentlichen Zapfstellen. Den obligatorischen sozialistischen Palast.
An der Synagoge zeigt auch hier die Polizei permanente Präsenz, rund um den Bahnhof animiert das Ambiente eher zur Flucht als zum Verweilen, Kleinunternehmer allerorten wie in Polen und den neuen Bundesländern in den 90ern. Genau wie dort wird auch hier immer noch auffällig viel geraucht.
Die Gepäckaufbewahrung am Bahnhof ist der einzige Ort, an dem wir mit Cash bezahlen müssen. Ansonsten wieder Kartenzahlung überall. Das ÖPNV-Abrechnungssystem haben wir zunächst nicht verstanden. Kreditkarte/Handy-NFC-Chip werden an das Lesegerät in der Bahn gehalten, das System quittiert die erkannte Karte. Nichts weiter. Rätselnd habe ich meine zweite Karte an das Lesegerät gehalten. Auch die wurde quittiert. Nichts weiter. Am nächsten Morgen dann die Nachricht, dass von beiden Karten jeweils ein Ticket abgebucht wurde. Offenbar findet die Abrechnung im Laufe der Nacht statt. (Und da ich in meinem jungen Leben oft genug schwarz gefahren bin, betrachte ich diese eine extra Fahrt als späte (Teil)wiedergutmachung.)
Für den Nachmittag hat Marta eine kleine Food-Tour ausfindig gemacht. Wir besuchen nacheinander fünf kleine gastronomische Perlen und dürfen ein wenig probieren. Sehr lecker. Danach ist’s schon wieder Zeit für den Bahnhof. 17.50 geht’s weiter Richtung Istanbul. Wir hatten die Fahrkarten von jemandem in Sofia kaufen lassen (online ging nicht), sind nun auf unser Abteil gespannt. Und stehen dann ungläubig im türkischen Schlafwagen. Viel Platz, Waschbecken in der Kabine, sogar ein (funktionierender) Kühlschrank! Und im Gegensatz zu den vorangegangenen Zügen kann man die Klimaanlage tatsächlich gradweise verstellen. Es könnte eine entspannte Fahrt werden.
Zusatzinfo: in unserem Wagen gibt es eine europäische (Becken) und eine asiatische (Tritte) Toilette. Wir werden langsam auf Kommendes eingestimmt. Pass- und Zollkontrolle mitten in der Nacht. Um 1.30 kommt die bulgarische Polizei, ein paar Kilometer weiter müssen wir mit allem Gepäck raus. Erst Pass-, dann Zollkontrolle. Wir verlassen die EU. Gegen 3.00 sind wir wieder im Bett.
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Ankunft in Istanbul mit drei Stunden Verspätung, da wir aber ohnehin gleich in den Bus nach Georgien umsteigen, alles nicht so schlimm. Vor uns liegen 22h Busfahrt. Könnte heftig werden.
Wir setzen uns in der Nähe des Bahnhofs in den Schatten einer Dattelpalme. Ein improvisiertes Straßencafé bietet frisch gepressten Orangensaft und çay (Tee) an. Die letzten Euros helfen weiter, so bleibt uns der Gang zum Geldautomaten erspart. Am Busbahnhof jede Menge Trubel. Hier wird Handelsware nach Bulgarien, Rumänien, Georgien, Armenien verteilt, für Russland gibt's ne eigene Abfertigung. Im Bus taucht in irgendnem Rucksack ein Zwerghündchen auf. Der sei hyperallergen und sie habe eine Bescheinigung, versichert die russische Besitzerein. Nach kurzer Diskussion darf er bleiben. Scheint mir ok, schließlich kann man reguläre Tickets für Haustiere kaufen.
In der Zwischenzeit konnte ich mit dem lettischen Provider meine SIM-Karten-Probleme lösen. Es sind die gekauften 2GB Datenvolumen und 50€ Airtime aufgebucht. Parallel habe ich noch eine eSIM mit 20GB Daten für den gesamten Trip. Damit sollten wir – nun außerhalb des EU-Roamings – vorerst klarkommen. In Istanbul zeigt sich, dass erst noch ein paar Einstellungen geändert werden müssen. Mühsam, am Ende aber fein.
Die Fahrt beginnt einigermaßen entspannt. Trotz 30°C Außentemperatur ist es im Bus angenehm (ge)kühl(t). Das WLAN funktioniert bestens, es heißt ganz passend "Süperbox". Jede Sitzbank hat eine funktionierende 220V-Steckdose. Perfekt. 22 Stunden Bus werden dann aber doch sehr lang. Wir stoppen zunächst alle zwei bis drei Stunden, länger halten es die vielen Raucher wohl nicht aus. Was wird hier geraucht. Die verschiedenen Raststätten entlang der Autobahn sind offenbar Versorgungsinfrastruktur für ein ganz eigenes Bus-Transportsystem. Alle paar Minuten halten neue Busse. Aus ihnen stolpern schlaftrunkene Gestalten, die nach Zigarette, çay und gelegentlich nem kleinen Imbiss verlangen. Irgendwann hören wir auf der anderen Seite der Straße das Schwarze Meer. Von nun an fahren wir eine schier endlose Küstenstraße Richtung Osten.
Später die Passkontrolle Türkei – nur Männer. Schnell durch. Passkontrolle Georgien – nur Frauen. Unser Pass wird mit ner Lupe nochmal extra kontrolliert. Der Zoll interessiert sich nicht für uns. Auf dem Weg von der türkischen zur georgischen Passkontrolle kommen wir an herrenlosen Gepäckstücken vorbei, die bei uns eine Komplettevakuierung des Areals ausgelöst hätten. Hinter der Grenze dann jede Menge Geldwechselstuben und zwei Geldautomaten – die auch Georgische Lari von meiner VISA-Karte abbuchen und ausgeben.
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