Baku nach Tabriz 🇮🇷

Etappe II/III Kaukasusregion/Geheimnisvolles

Auf geht’s in einen vermutlich langen, anstrengenden und aufregenden Tag. Zunächst mal müssen wir zum Busbahnhof – dank Bolt-Taxis ist das schnell erledigt. Dann gilt es, am Busbahnhof überhaupt erst einmal Busse zu finden. Unten und auf der ersten Etage befinden sich riesige Flure mit Geschäften. Auf der zweiten Etage werden wir fündig. Müssen aber dreimal nachfragen, bis wir endlich den Bus ins 300km entfernte  Astara gefunden haben. Vor ner Woche hatte ich unsere Tickets online gebucht und immer mal verfolgt, ob überhaupt noch jemand dazu kommt – mit der Sorge, dass dann der Bus vielleicht nicht fährt. Am Ende sitzen 28 Personen in unserem Bus, der mit 20 auch schon voll gewesen wäre. Neben mir, auf der anderen Seite des Ganges, eine alte Frau. Ganz in schwarz, die Ärmel leicht gold-blau bestickt. Schwarzes Kopftuch, ebenfalls blau-gold verziert. Darüber noch ein weißes Kopftuch. Die Hände gepflegt, kurze Fingernägel, aber von körperlicher Arbeit Finger, die doppelt so dick sind wie meine. Ansonsten sitzt im Bus alles vom Arbeiter bis Familienvater im Anzug. 

Knapp eine Stunde vor der geplanten Zeit kommen wir in Astara an. Ein netter Mitreisender hilft uns bei der Orientierung, wie wir zur Grenze kommen. Taxi nehmen, 2 Dollar bezahlen. Klappt. Nur wir müssen die Grenze suchen. Wir gehen auf eine offene überdachte Halle zu, deren Rückwand schwere Gitter bilden, die gut für Viehgitter durchgehen. Kurz davor gibt es nach links einen Durchgang, der zu einem Tor führt, an dem Uniformierte stehen. Da wir unsere Pässe schon in der Hand haben, werden wir rangewunken. Endlich Abwechslung im tristen Alltag. Oh, Germania. Gleich per walkie-talkie weitergemeldet – wir sollen durchgehen. Es geht durch komplett verödete Gänge, die alten Duty-Free-Zeichen und Zigarettenwerbungen blättern ab. Hier war früher viel los, seit drei Jahren gar nichts mehr. Einreise auf dem Landweg nach Aserbaidschan unmöglich. Und die paar, die nur rauswollen, kann man an einer Hand abzählen. Nächste Station Zollkontrolle. Einmal die Rucksäcke und Taschen durch den Scanner geschickt. „Auf Wiedersehen.“ auf deutsch. Oh, denken wir, das geht ja super schnell. Dann Passkontrolle. Der Beamte findet was und bittet uns, Platz zu nehmen und zu warten. Ein paar Minuten später kommt ein Oberleutnant und befragt uns auf Englisch, was wir in Armenien gemacht hätten und ob wir wüssten, dass dies der Feind Aserbaidschans sei. Ein paar Sätze später und sehr freundlich erklärt er uns, dass wir weiter dürften, aber ein Protokoll angefertigt werden müsste. Das dauerte dann alles länger, immer wieder unterbrochen durch Nachfragen nach dem aserbaidschanischem Visum, dann dem iranischen, unseren Telefonnummern usw. Erst als das iranische Visum als gültig bestätigt wurde, gibt’s den Stempel in den Pass. 

Danach laufen wir einen ca. 50m langen Gang entlang, an dessen Ende wieder ein Viehgitter-gleiches Tor ist. Ein Beamter schließt die Kette auf, lässt sich unsere Pässe geben und fragt per Walkie-Talkie, ob wir gerade durch die Passkontrolle gegangen seien. Wir verabschieden uns und haben nun nur noch den Weg nach vorn. Das Visum Aserbaidschan ist nicht mehr gültig… Es geht über eine Brücke, ab der Hälfte wehen iranische Fahnen. Am Brückenende ein netter junger Soldat, der sich auch über Abwechslung freut. Kurzer Blick auf die Pässe, dann kommt schon der nächste Grenzer. Pässe abgeben und bitte dort entlang. Wieder abblätternde Duty-Free-Zeichen, wieder völlig verwaiste Flure. Wir werden in einen Warteraum gesetzt, per Handy-Übersetzungs-App erfahren wir, dass das System für ausländische Bürger gerade abgestürzt sei. Es geht dann aber doch relativ schnell, wir bekommen unsere Pässe, werden immer wieder gefragt, wo wir herkämen und dürfen zum Zoll. Dort steht schon unser Abholer, Herr Khan, und winkt. Die Rucksäcke werden gescannt, alles gut. Wir verlassen das Gebäude, Herr Khan beginnt schon mit seinen Erklärungen. Plötzlich ein kurzer Ruf – es gibt noch ein Problem. Wir sollen noch zur Polizei kommen. Werden in einen Raum gebeten, mögen uns doch gern hinsetzen. Glücklicherweise ist Herr Khan dabei. Es wird Tee angeboten. Wir lehnen erst ab, erfahren dann aber, dass man die Gastfreundschaft nicht ablehnen sollte. Ja, gern trinken wir Tee. Es werden Fragen nach unseren Berufen gestellt, wo wir im Iran hinwollen, wie lange wir bleiben, welche Transportmittel usw. Das alles nicht zack, zack, zack. Sondern verwoben mit Gesprächen über deutsche Fußballklubs, deutsche Automarken, iranisch-türkisches Essen und noch mehr. Die Atmosphäre bleibt dadurch lockerer (auch wenn ich ziemlich angespannt bin). Zudem wundern sich die iranischen Beamten, dass wir die Stempel von Armenien und Aserbaidschan im Pass hätten. Wie wir das denn geschafft hätten.

Am Ende ist alles gut. Auch dank Herrn Khan, der immer wieder auflockernd und übersetzend eingreift. Wir verabschieden uns, bekommen gute Wünsche für die Reise mit und erleben wieder einmal eine leichte Bewunderung für alles Deutsche. 

Die Fahrt nach Täbriz sind nochmal 300km – das schlaucht ganz schön. Eine Pause zwischendurch, kleiner Tee, Brot, Äpfel, getrocknete Kirschen und Pfirsich aus dem Garten des Fahrers. In Täbriz angekommen, geht’s kurz ins Hotel, an der Rezeption spricht auch jemand deutsch, danach nimmt Herr Khan uns in einen Stadtbus mit. Frauen hinten, Männer vorn (das gilt wohl nur für Stadtbusse, in der Metro etc. sei gemischt üblich). Ein erster Spaziergang über eine Flaniermeile – es ist kein Unterschied zu westlichen Städten zu sehen. Im Gegenteil, die Geschäfte sind gut besucht, Imbissstände überall und wir bekommen immer wieder „Hallo.“, „How are you?“ oder „Welcome.“ zugerufen. Schnell die Finanzen in Herrn Khans Büro erledigt, dann organisiert er uns noch einen leckeren Kebap. Wir sitzen nicht an Tischen, sondern auf mit Teppich ausgelegten Podesten im Schneidersitz. Bekomme ich natürlich nicht hin und werde belustigt von den Einheimischen beobachtet. Das Essen schmeckt trotzdem. Herr Khan setzt uns dann in ein Taxi und wir sinken erschöpft auf die Betten. Schreiben an unserem Blog und versuchen, der SIM-Karte das Datenvolumen zu entlocken…



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Tabriz nach Teheran 🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Die Nacht war so la-la. Es ist echt kalt geworden, hab mir ne Decke geholt. Und mein Infekt ist immer noch nicht weg. Wir gehen zum Frühstück. Am Buffet finden wir Bekanntes (Spiegeleier, Gurken/Tomaten, Feta, Honig) und Unbekanntes (u.a. Dattel-Honig-Nuss-Paste). Im Anschluss checkt Marta noch mal den Internetzugang, den sie abends ans Laufen gebracht hat. Und stellt mit Schreck fest, dass fast die gesamten 2 GB bereits verbraucht sind. Lag wohl am VPN. Müssen wir uns drum kümmern.

Kurz vor neun sind wir an der Rezeption und checken aus. Bekommen unsere Reisepässe wieder und Herr Khan wartet schon. Als erstes geht’s zu Irancell, wir laden 15 GB nach. Kostet drei USDollar. Danach laufen wir durch den Markt, der gigantische Ausmaße hat. 5.500 Geschäfte, 23 Karawansereien, endlose Gänge. Ohne Fremdenführer ist man hier komplett verloren. Es gibt Gold-, Gewürz-, Teppich- (große und kleine Knoten separat), Süßwaren-, Obst-, Schuh- und noch zig andere Märkte. Wir schauen in einer Wollfärberei vorbei, trinken nen Tee in einem Wasserpfeifencafé, und fotografieren viel. 

Dann besuchen wir noch eine Moschee, die nahtlos mit dem Markt verbunden ist. Sie umfasst vier große Gebetshallen, mal mit, mal ohne Stützsäulen. Die Böden sind mit schweren Teppichen bedeckt. Licht fällt durch bunte Fenster.

Im Anschluss brauchen wir einen Geldwechsler. Da hat sich gestern schon leichtes Ungemach angedeutet. Ich hatte 100-USD-Banknoten aus 2006 dabei. Die werden im Iran oft nicht mehr akzeptiert. Fürs Bezahlen der Reise haben sich bei mir noch neuere gefunden, fürs Taschengeld möchte ich aber gern wenigstens einen oder zwei von den 2006ern verwenden. Erst nach mehreren Telefonaten findet sich ein Geldtauscher, der gegen einen kleinen Abschlag auch 2006er Scheine nimmt… Was ich zurückbekomme, ist von der Höhe des Stapels kein Taschengeld, sondern eher Koffergeld. Zwei USDollar sind zur Zeit ungefähr 1 Mio Rial. Die Scheine bekommen wir in 500.000er und 1.000.000er Stückelung. Dicke Tasche ab jetzt. 

Geschäftstüchtig wie er ist, empfiehlt Herr Khan uns noch eine Fahrt in ein Bergdorf. Dort leben die Menschen seit Jahrhunderten in Höhlen, mittlerweile allerdings mit Strom, Heizung, fließend Wasser. Das Leben ist trotzdem schwer. Im Winter liegt für mehrere Monate Schnee, dann werden Teppiche geknüpft oder Obst und Nüsse für die Touristensaison verpackt. Direkt an den Flussläufen (rundherum völlig trockene karge Berge) wachsen Walnuss-, Mandel-, Kirsch-, Aprikosenbäume – entsprechend leckere Trockenfrüchte und Nüsse kann man kaufen. Wir nehmen zudem noch Halwa (sehr süße Sesamspezialität).

Bei der Fahrt zurück zum Bahnhof wabern wieder Dieselabgase in die offenen Autofenster. Insgesamt gibt es sehr viel Autoverkehr mit entsprechender Abgasglocke über der Stadt. Der Autoverkehr selbst ist auch nichts für zarte Gemüter. Es geht kreuz und quer mit viel Gehupe und Drängelei.

Gegen 15.00 sind wir am Bahnhof. Am Eingang müssen wir durch eine Sicherheitsschleuse. Es piept, wir drehen uns um. Der dann folgende Hinweis des Beamten bezieht sich aber nicht auf unser Gepäck, sondern auf Martas leicht verrutschten Schleier. Ansonsten gab es bezüglich Kleidung bisher aber keine Probleme. Wir beobachten bei den einheimischen Frauen eine relativ lässige Art, den Schleier zu tragen. Der Bahnhof selbst ist eine helle, große Halle mit vielen Sitzen aber keinen abfahrenden oder ankommenden Zügen. Unser Zug um 16.35 ist der nächste. Als der Zug aufgerufen wird, gehen wir mit einem Foto unserer eTickets durch eine Kontrolle. Und immer wieder hören wir „Welcome.“, auch beim Schlafwagenschaffner und dem Polizisten auf dem Bahnsteig. Das Abteil empfängt uns mit zwei laufenden Fernsehern (irgendeine Sitcom) und komplettem Tee-Set (Teebeutel, heißes Wasser, Gebäck). Die Sitze sind sauber und weich, die Wagen insgesamt aber etwas älter. Wir ziehen die Schuhe aus und drehen nach einem vollen Tag langsam runter…

Ursprünglich wollte ich keinen Reiseführer in Tabriz haben. Und Herr Khan war auch nur für die Fahrt Grenze – Tabriz gebucht, hat sich dann aber sofort für weitere Hilfe angeboten. Bei mir ruft sowas immer eine gewisse Ablehnung hervor. Am Ende haben allerdings zwölf Stunden gemeinsames Organisieren und Rumlaufen genau das richtige Maß an Einführung in den iranischen Alltag gebracht. Geldtauschen, SIM-Karte aufladen, meine festgerosteten arabischen Zahlenkenntnisse wiederbeleben, Einchecken im Hotel (Pässe werden abgenommen), Prozedere am Bahnhof (Visum vorzeigen) usw. All das im Schnelldurchlauf zu bekommen, hat uns vermutlich sehr viel Zeit und wahrscheinlich auch Geld gespart. Wir fühlen uns gerüstet für die nächste Stadt. Es geht mit dem Zug nach Teheran (an 05.35), von dort direkt weiter mit einem Fahrer nach Isfahan.



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Teheran nach Isfahan 🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

In unser Abteil kamen bei einem der nächsten Halte noch ein Vater mit seinem kleinen Sohn (Kindergartenalter) dazu. Es ist ganz schön zu sehen, wie alle Eltern auf der ganzen Welt dieselben Probleme haben. Ein kleiner leicht verwöhnter Prinz, der lautstark durchsetzen wollte, was ihm passte, der mit irgendeinem Handy daddelte, nur Cola trinken und nur langsam ins Bett wollte. Die beiden waren aber sehr angenehme Mitfahrer. Gastfreundlichkeit auch hier – als sie ihre Omeletts gegessen haben, wurden wir sofort eingeladen, zuzugreifen. Verständigung war über Zeichensprache hinaus leider nicht möglich.

Das Bettzeug befindet sich in den iranischen Schlafwagen in einer Tasche, die „fest“ zum Abteil gehört. Bettwäsche gibt’s dann vom Schlafwagenschaffner. Zugtoiletten haben keine Geschlechtertrennung, ein kleines Waschbecken (und reichlich parfümierte Seife) müssen für die kleine Wäsche reichen. Wir haben uns auf den Speisewagen gefreut, dann aber feststellen müssen, dass lediglich Fertigessen wie im Flugzeug serviert wird – inklusive der Alufolienschalen. Na, danke. Dann halten wir uns an unsere Süßigkeiten. Beim Weg zurück in unser Abteil beobachte ich, wie ein Mitreisender eine Mülltüte einfach aus dem Fenster wirft. So klärt sich auf, warum überall viel Plastikmüll in der Landschaft zu sehen ist – insbesondere an den so beliebten Picknick-Plätzen direkt an den Straßen.

Wir wachen morgens gegen 06.00 Uhr auf, da haben wir schon 30 Minuten Verspätung, am Ende sind es fast 90 Minuten. Unser Fahrer wartete seit 04.00 Uhr am Bahnhof und sollte uns jetzt noch 450km fahren. Auf knapp der Hälfte der Strecke machen wir einen Stopp, um uns einen schön angelegten Garten und eine große Moschee anzuschauen. Danach geht es weiter. Die Autobahnen sind vom Zustand ziemlich gut, es darf 120km/h gefahren werden. Spurtreue und Überholen unterscheiden sich allerdings komplett von zu Hause. Immer mal wieder begegnen wir Autos mit fragwürdigen Dachlasten, wir tanken einmal und fahren ansonsten durch trockene Ebenen, gelegentlich an Bergen vorbei. Man kann die Hitze förmlich sehen, so braun ist alles. Nur am Fuß mancher Berge gibt es ein wenig Mais oder ähnliches. Dort sammelt sich vermutlich Regen- oder Schmelzwasser. Bei unserer Ankunft in Isfahan zeigt das Thermometer 35°C. 

Wir sind in einem wunderschönen kleinen traditionellen Hotel untergekommen. Der Innenhof ist mit Pflanzen und Wasserbecken angelegt. Rundherum gehen die Zimmer wie Nischen nach außen. Abends setzen wir uns bei milden 26°C auf eine der typischen Sitzbänke (Schneidersitz!) im Innenhof, lassen uns zwei Limonaden bringen und genießen unser kleines persisches Paradies. 



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Isfahan 🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Nachdem wir beim gestrigen Abendbrot kein ganz glückliches Händchen hatten, empfängt uns das Frühstücksbuffet im Hotel deutlich gaumenfreundlicher. Wir nehmen Frisches (Obst, Gemüse, dicke Milch) und probieren Neues (Tomaten-Ei-?-Gemisch), dann tingeln wir in die Stadt. Erst zur Post, dann in einen alten Palast, in eine Moschee und zum Goldmarkt. Letzterer ist für Marta eine Enttäuschung, da sie auf echtes Handwerk gehofft hat, nun aber nur nachgemachtes Designerzeug sieht. Die Imam-Moschee hingegen beeindruckt durch die Höhe, die kunstvollen Mosaike und die scheinbar unendlichen Mengen an korrekt verlegten Kacheln. Da man sich als Tourist die wenigen Sehenswürdigkeiten unbedingt anschaut, sind die Eintrittspreise auch entsprechend festgelegt. Während Einheimische etwas unter einem USDollar bezahlen, stehen für Touristen 5 USD an der Tafel. Der Unterschied verschwindet hinter den unterschiedlichen Zahlschriften. Wer die indisch-arabischen Zahlen nicht lesen kann, merkt überhaupt nix. (In Tschechien hab ich mal von ner Speisekarte gehört mit Preisen in Zahlen für die Touris und ausgeschrieben für die Einheimischen - auch schlau.)

Genauso beeindruckend ist der riesige Platz (Naqsch-e-Dschahan), an dem sich die Moschee, ein Palast und noch eine weitere Moschee befinden. Ein riesiges Areal, mit langen geraden Wegen, großen Wasserflächen in der Mitte und reichlich grün zwischen Außenmauern und Wasser. Abends sitzen hier viele Iraner beim Picknick und spielen Fuß- oder Volleyball. Pferdekutschen fahren die Touris einmal ums Wasser, Eisläden verkaufen komisches Eis – es herrscht reges Treiben und eine sehr entspannte Atmosphäre. 

Beim weiteren Bummel durch die Stadt schauen wir uns noch eine Brücke an, die zur Zeit in einem komplett trockenen Flussbett steht, im Frühjahr aber von ordentlich Wasser durchspült werden dürfte. Jedenfalls liegt eine ganze Batterie Tretboote auf dem Trockenen. Gegen 14.30 Uhr sind wir zurück im Hotel. Viele Geschäfte machen Pause und wir können ein wenig Ruhe vertragen. Nehmen uns noch etwas Obst und Wasser mit und fallen auf die Betten. 

Bevor es in die Stadt geht, legen wir wieder mal einen kleinen Waschtag ein. Zum ersten Mal mit den Waschmittelblättern, auf die Marta zu Hause umgestiegen ist. Funktioniert hier auch bei der Handwäsche gut. Nur das Trocknen geht trotz der Temperaturen nicht so schnell wie gewünscht. 

Beim Abendessen dann endlich mal ein Treffer. Sehr leckeres Essen in geschmackvoller Atmosphäre. Den Abend verbringen wir wieder im Innenhof unseres Hotels. Schreiben und recherchieren ein bisschen, frische Weintrauben und Pfirsiche neben uns. 

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Isfahan und der Iran allgemein  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Heute ist der letzte Tag Isfahan. Da wir durch den Tag trödeln und uns erholen, kann ich mal ein paar unsortierte Eindrücke zum Iran runterschreiben. (und zwei kleine Videos zum Hotel und zur großen Imam-Moschee hochladen)

Der Iran ist sehr groß. Bei unseren bisherigen Fahrten haben wir vor allem wüstenähnliche Landschaften gesehen, dazwischen ordentliche Bergmassive. Jetzt im Spätsommer ist fast alles braun und verdorrt – einzelne Ausnahmen finden sich an den Füßen der Berge und Flussrändern. Die Autobahnen sind gut ausgebaut und qualitativ ok. Tankstellen in regelmäßigen Abständen, Mautstationen gibt es, einige werden als „Only eTolling“ angekündigt, andere als „Cash only“. Zunächst war ich überrascht, dass es eToll gibt, bei genauerem Hinsehen schienen aber alle Stationen außer Betrieb. Nirgendwo jemand zu sehen, der Maut kassierte, nirgendwo auf-und-zu-gehende Schranken. 

Ansonsten gibt es aber überall reibungslos funktionierende Kartenzahlungen. Das wird so häufig genutzt, dass wir an den Sehenswürdigkeiten mit unseren Geldscheinbündeln als Außerirdische angesehen werden und der Kassierer gelegentlich gar nicht weiß, wie er cash verbuchen muss. Und auch das normale Internet funktioniert so einigermaßen, inklusive Zugang zu Spiegel, New York Times oder NZZ. Das WLAN in den Hotels schwankt stark. Beim Mobilfunk hingegen gelingen in den Städten nahezu immer stabile Verbindungen. Für social media (egal, ob Telegram, Whatsapp, LinkedIn usw.) brauchen wir VPN. Klappt manchmal, manchmal nicht. Interessant ist, dass mein Laptop (Windows) oder Firefox offenbar aufgrund der amerikanischen Verbote von sich aus mehr blockiert als die Apple-Systeme. (Randbemerkung: in einem Schaufenster lächeln uns Angela Merkel und Michelle Obama von Buchdeckeln an.)

Nahverkehr funktioniert mit aufladbaren Karten, von denen auch mehrere Fahrgäste abgebucht werden können. Zumindest in Isfahan sind diese Karten allerdings nicht so einfach zu bekommen. Unsere Suche danach hat zu skurrilen Szenen geführt. Wir wollten an einer Metrostation eine Karte kaufen, aber erst am nächsten Tag Metro fahren. Nun gab es an dem Schalter keine Karten, aber der Verkäufer deutete uns an, wir sollten zu einer kleinen Tür gehen, er mache die auf. Ich versuche ihm klar zu machen, dass ich nicht fahren will. Dieses Hin und Her macht immer mehr Vorbeigehende auf uns aufmerksam – am Ende haben uns 10 oder 15 Leute angeboten, auf ihrem Ticket mit in die Metro zu kommen. Das ist nur eine kleine Anekdote zur Gastfreundschaft der Iraner - auch wenn wir uns selten verständigen können, sind die Menschen immer wieder hilfsbereit. Zeigen uns, dass Ampeln nicht funktionieren (blinkt rot), bieten uns von ihrem Essen an, einer der Fahrer hat bei ner Pause auch für uns ein kleines Eis gekauft. Und obwohl klar ist, dass wir die Schrift nicht lesen und kaum mit den Riesengeldstapeln und Zahlen umgehen können, werden wir in den allermeisten Fällen nicht über den Tisch gezogen (bisher in einem Restaurant, in dem die englische Speisekarte offenbar absichtlich ohne Preise war).

Mittlerweile können wir stolz berichten, endlich unsere Nahverkehrs-Chipkarte bekommen zu haben. Damit sind wir Metro gefahren. Die Stationen sind modern und ziemlich neu, die Bahnen selbst moderne chinesische Bauart, das ganze unterstützende Ticketautomatensystem (Ticket kaufen, Guthaben prüfen, nachladen, …) ist allerdings in allen Stationen vom Strom getrennt. Es gibt immer ein kleines Fenster, hinter dem jemand die Karten auflädt. Der erste und letzte Waggon der Bahn sind rot lackiert und für Frauen. Innen kann man allerdings durchgehen und Frauen scheinen auszutesten, wie weit sie sich bis zur Mitte bewegen können.

Die Männer-Frauen-Trennung ist im öffentlichen Leben unterschiedlich stark ausgeprägt. Unser Fremdenführer in Tabriz hat erzählt, dass an iranischen Stränden Männer und Frauen getrennt baden müssten. Konsequenz? Man fährt als Familie in die Türkei in den Urlaub. 

Der Militärdienst dauert 20 Monate (früher 24) – ohne abgeleisteten Dienst kann man weder den Führerschein machen noch heiraten. Die Schulferien sind am Tag unserer Einreise nach drei Monaten zu Ende gegangen, die Menschen hatten den letzten Tag nochmal für Picknicks außerhalb der Städte genutzt. Volle Straßen auch außerhalb der Städte – in den Städten ist der Autoverkehr der Horror. Schult allerdings die Reaktionsschnelligkeit der Fahrer.

Insgesamt erstaunt, wie viele Menschen ihren Lebensunterhalt mit Handeln bestreiten. Riesige Märkte in jeder großen Stadt, jede Menge Geschäfte entlang der Straßen. Wer das alles kauft – keine Ahnung. Teppiche jedenfalls werden auch von Iranern als Geldanlage gekauft. (Seidenteppiche hängen an der Wand, Wollteppiche liegen eher auf dem Boden) Neben den Teppichen bleibt Gold die liebste Geldaufbewahrung, insbesondere als Schutz vor Inflation. An den Ständen mit kleinen Goldmünzen beobachten wir dann auch häufig streng gläubige (schwarzer Hijab) ältere Frauen. 

Besonders widersinnig ist die ständige Verfügbarkeit von und das Interesse an USDollar. Vermutlich als Inflationsschutz, aber eben auch als Zeichen, wie tief der USDollar im weltweiten Handelssystem verankert ist (und alle chinesischen oder russischen Bemühungen zu dessen Ablösung hoffnungslos erscheinen lässt). Zwar hören wir, dass Euro im Iran besser funktionieren, doch das ist aus meiner Sicht dem Wechselkurs geschuldet. Hier werden alle Preise für Touristen immer nur in einer Zahl kommuniziert. Dh, der Ausflug nach XY kostet 25 EUR bzw. 25 USD. Je besser der Euro steht, desto lieber wird er genommen… 

Das zeigt in meiner Beobachtung die Händlerprägung des gesamten Geschäftslebens. Und auch viele freundliche „Hello“s oder „Welcome“s enden im Vorschlag, doch im Teppichladen oder bei den Kühlschrankmagneten vorbeizuschauen. Wer will’s ihnen verdenken. Das Land ist reich, eine ganze Reihe von Menschen wirken aber arm. Sanktionen und Boykotte hinterlassen sichtbare Spuren. Zudem hat auch der Iran mit Flüchtlingen zu kämpfen. Ca. drei Millionen Afghanen sind in den Iran gekommen und gefährden als billige Arbeitskräfte den sozialen Zusammenhalt. Insbesondere, weil der Anteil der Jugend an der Bevölkerung im Iran sehr hoch ist und sich die Jungen ein ganz normales Leben mit Arbeit und Familie wünschen.

Und noch eine letzte Beobachtung: wie in diversen andern Ländern Asiens auch, werden Schutzfolien auf Stühlen, Polstern, … nicht entfernt. Vermutlich, um die Lebensdauer zu verlängern bzw. Verschmutzungen zu vermeiden.

Kurze Videos

Imam-Moschee
Innenhof Traditional Hotel Isfahan

 

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Isfahan nach Shiraz  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Es geht weiter. Von Isfahan nach Shiraz. Der Fahrer ist pünktlich, es geht wieder durch weite Flächen, karge Berge dazwischen, das Gras verdorrt, gelegentlich Mais oder grüne Bäume. Hin und wieder suchen Ziegen auf ganz kargem Boden zwischen all den Grasbüscheln nach Verwertbarem. Mir wird klar, warum die Saitlingsdärme für meine Pfefferbeißer aus solch harschen Regionen kommen. Die halten halt was aus. 

Auf der Strecke tanken wir auch einmal. Und der Fahrer erklärt mir, dass der Benzinpreis im ganzen Land bei ca. 30 Cent liegt. Er hat eine Tankkarte, die zum Auto gehört und kann pro Tanken 60 Liter zu dem Preis tanken. Tanken kann er, so oft er will. Wenn er mehr als 60 Liter braucht, hat er ein zusätzliches Budget von 100l/Monat, die allerdings zum Preis von 60 Cent. Ob ich das alles richtig verstanden habe, weiß ich nicht. Falls, könnte der Grund für diese Staffelung vielleicht die Sicherstellung der Versorgung der Tankstellen sein.

Kurz vorm nächsten Ziel – Shiraz – halten wir an einer Grabstätte für persische Herrscher aus längst vergangenen Zeiten. Riesige Reliefs in den Felsen, weit oben (unzugänglich für uns) die Grabkammern. Ansonsten können wir das kaum einordnen. Genauso wenig wie Persepolis – ein ehemaliger Palast, der auch für Gottesdienste und Zeremonien diente. Viel ist nicht erhalten, aber das, was man sehen kann, spricht für großartige Wirkung zu den Blütezeiten. Alles in poliertem schwarzen Stein fertiggestellt, in den Mauern bereits Drainage-Rohre, die das Regenwasser auf die vor dem Palast liegenden Felder geleitet haben. Beeindruckend. Außerdem sehen wir, dass Schmierereien an Kunstobjekten keine Marotte der Neuzeit sind, das erste Graffito war wohl Steinmetzarbeit...

Eine halbe Stunde nach Persepolis kommen wir an unserem Ziel an. Wir übernachten wieder in einem Hotel mit Innenhof. Nicht ganz so nett wie das letzte, aber eine schöne Anlage im alten Teil der Stadt. 

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Shiraz  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Das Hotel hält nicht ganz, was wir uns erhofft haben. Internet-Zugang ist schwer bzw. nicht zu bekommen, erst am Morgen schaffen wir mit Hilfe eines netten Rezeptionisten zumindest ein iPhone zu verbinden. Mehr wird nicht. Das hauseigene Restaurant haben wir trotz guten Willens am Ende gemieden. Karten ohne Preise finden wir halt nicht mehr so gut. An der kleinen hoteleigenen Bar hatten sich die Preise zwischen Bestellung und Bezahlung auch schon wieder verändert…

Wir stapfen daher etwas missmutig zum Frühstück. Dort gibt’s ein kleines Buffet mit ein paar landestypischen Dingen, die wir langsam kennen – insgesamt alles schon ok. Wie in Isfahan sind alle anderen Gäste Iraner, keine Ausländer. Nur an den Sehenswürdigkeiten hören wir mal Russisch, mal Spanisch und gelegentlich Englisch. Bei der Rückkehr vom ersten Stadtbummel trauen wir daher unseren Augen nicht – ein Motorrad mit Schweizer Kennzeichen vorm Hotel. Allein unterwegs. Es gibt Leute, die sind mindestens so verrückt wie wir. 

In der Stadt selbst gab’s nicht so viel zu sehen. Es ist Sonntag, die Geschäfte haben nur vereinzelt auf. Die äußerlich seht schöne Zitadelle ist in ihrem Inneren wieder ein kleiner Garten mit Wasserbecken. Die Zimmer wurden an den Innenseiten der Mauern angelegt, heute hatten dort mehrere moderne Kunsthandwerker ihre Werke zum Verkauf angeboten. Nicht unser Geschmack.

Wir freuen uns auf heute Abend, da wir gestern kurz einen lokalen Bauern-/Kunsthandwerkermarkt entdeckt haben, den wir heute fürs Abendessen nutzen wollen. 

Die Vorfreude wird nicht enttäuscht. Gleich am ersten Stand bestellen wir ausschließlich mit Zeichensprache zwei Suppen und frisches Brot. Wieder „Welcome“ und das gemeinsame Wollen, eine Verständigung zu finden. Freundliche Menschen. Das wiederholt sich beim Mais-Käse-Gewürze-Snack, beim Eis und bei einer ausgebackenen Gemüse-Teig-Tasche. Alle wollen nur die (kleinen) lokalen Preise, immer werden wir mit einem Lächeln verabschiedet. 

Nach dem Essen setzen wir uns zu zwei Musikern, die Schwung in die Abendbummelanten bringen. Vor ihnen steht eine kleine Kartenlesemaschine, mit der man „den Hut füllen“ kann. Wir werfen was in die Tasche, die danebensteht. Hier in Shiraz ist es in der Tat so, dass man mit Bargeld Probleme bekommt. Alles wird über Kartenzahlung erledigt – für Touristen gibt es deshalb auch eine Touristencard, was wir aber zu spät verstanden haben. Selbst einen Bettler mit Kartenlesegerät haben wir gesehen…

Von der Musik und dem leckeren Streetfood wieder mit der Stadt versöhnt, schlendern wir ins Hotel zurück.

Musik

 

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Nochmal Shiraz  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Zum Frühstück treffen wir Pierre, den 68jährigen Schweizer mit dem Motorrad. Er ist 100 Tage unterwegs und will als nächstes nach Dubai (Motorrad wird verschifft). Dort hat er vor ein paar Tagen den Termin für die anstehende Inspektion vereinbart – geht alles. 

Wir haben heute noch einen vollen Shiraz-Tag. Zunächst geht’s in den Eram-Garten. Eine schöne Gartenanlage mit Granatapfel- und Orangen-Hain, einem kleinen Palast und aufwändigen Bewässerungsanlagen. All die alten Paläste konnten nur mit ausreichend Wasser funktionieren. Die offenen Kanäle hatten darüber hinaus für die Spaziergänger kühlende Funktion. Die moderne Variante sind Sprühnebelanlagen, die wir an einer großen städtischen Flaniermeile entdecken. In kurzen Abständen wird kaltes Wasser in feinem Nebel über die Spaziergänger gesprüht. Das erfrischt tatsächlich. 

Im – heute durch die Universität verwalteten – mittlerweile botanischen Garten merkt man, dass wir uns am Ende der Hitze- und Trockenphase befinden. Teile des Gartens werden nicht bewässert, ein Teil der Pflanzen ist kaum zu sehen. Ein Teil wird zur Erholung in Pflanzkübeln in den Schatten der Bäume gestellt.

Auch das relativ breite Flussbett in der Stadt ist komplett trocken, das dürfte sich im nächsten Frühjahr ändern. Insgesamt ist es ein hartes Leben in diesen Ecken der Welt – mit heißen Sommern und kalten Wintern. Der Tag wird deutlich leichter, wenn man von 14 bis 17 Uhr in Innenräumen ist und ab 18 Uhr in das entspanntere Leben in der Stadt eintaucht.

Zum Garten und zurück haben wir die Metro genommen, die aus uns nicht bekannten Gründen heute kostenlos gefahren ist. Die gesamte Metro-Anlage entspricht der in Isfahan. Moderne chinesische Züge und Bahnhöfe. Allerdings ist auch hier die begleitende Infrastruktur (Ticketautomaten, Lesegeräte zum Abrufen des Guthabens usw.) komplett abgeschaltet. Der erste und letzte Wagen sind wieder für Frauen reserviert, aber über die gesamte Zuglänge mischen sich Männer und Frauen. Leider fahren wir nur zwei Stationen, danach geht’s wieder zu Fuß durch die Stadt. Hin und wieder fallen uns Moped-Blocker auf dem Gehweg auf. Es ist in der Tat reichlich nervig, wenn die Horden an Mopedfahrern dauernd von vorn oder hinten die Fußgänger aus dem Weg hupen. Aber mit dem Verkehr war das hier im Iran ja ohnehin so ne Sache…

Am Abend bummeln wir nochmal über den kleinen Markt und holen uns erneut Mais mit Käse/Gewürzen, frittierte Gemüsetaschen und – für die morgige Fahrt – frisches Brot und ein halbes Pfund Mandeln. Ein größeres Fladenbrot kostet ca. 10 Cent, die Mandeln 8 USD/kg. 

 

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Shiraz zum Dritten  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Der letzte Tag in Shiraz. Wir checken aus, bestellen unser Taxi für den Nachmittag und machen uns auf den Weg zum Ali Ibn Hamza Mausoleum. Kameras müssen abgegeben werden, bei der Sicherheitskontrolle werde ich gebeten, von meinem Wasser (2l-Flasche) zu trinken. Dann ist alles fein. Wir bekommen als Ausländer von einer sehr gut Englisch sprechenden Mitarbeiterin eine Führung. Das Mausoleum ist mit vielen kleinen Spiegelteilen verkleidet und macht dadurch einen prunkvollen Eindruck. Ähnlich den diversen Pagoden in Asien. Während wir im Mausoleum sind, findet gerade eine Zeremonie für den getöteten Hizbullah-Chef statt. Eine Delegation mit Plakaten „Down with the US“ schließt sich den Gebeten an. Ansonsten nutzen Gläubige das Mausoleum für private Gebete.

Uns wurde fotografieren mit dem Handy erlaubt (nicht mit professioneller Kamera). Während ich ein Foto von einer Delegation mache (nur von hinten), wird ein junger Mann auf mich aufmerksam, bespricht sich mit Kollegen und verschwindet. Einen Augenblick später stellt sich jemand bei unserer Führerin vor, klappt seine Geheimdienstmarke aus und möchte gern die Fotos auf meinem Handy sehen. Kurzer Blick. Ok, nix Kritisches. Händedruck, goodbye. Nervosität verflogen - auf beiden Seiten.

Wir laufen dann noch ein wenig durch die Stadt, holen uns Äpfel, frisches Brot, Wasser und ein paar Aprikosen für unsere Zugfahrt. Entdecken bei einem Händler Tierhäute, die – wie in viel früheren Zeiten – als Wasserbehälter genutzt werden. Und einen Truck mit abblätternder Werbung, bei der aus Snickers ein Sniper geworden ist…

Einzelne Militärflugzeuge jagen von Zeit zu Zeit über die Stadt. Bis auf das Foto und die Flieger spüren wir hier noch nichts von der angespannten Weltlage. Unser Schweizer Mitreisender hat sich allerdings heute Morgen entschlossen, nicht mit der Fähre nach Dubai zu fahren, sondern den Landweg über Kuwait zu nehmen...

 

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Shiraz nach Mashhad  🇮🇷

Etappe III Geheimnisvolles

Wir sitzen im Zug und fahren Richtung turkmenische Grenze. Der Bahnhof in Shiraz ist modern und hat von Fahrkartenschalter über Kinderspielecke, Gepäckschließfächern, Gebetsräumen, Ladestationen fürs Handy, Wasserspender bis zu kleinen Ständen mit Essen und Erfrischungen alles, was man so erwartet. Um reinzukommen, muss man durch eine Gepäckkontrolle, Fahrkarten (Foto auf dem Handy) und Pass vorzeigen. Alles entspannt und schnell erledigt. Auch hier fährt nahezu kein Zug. Am Nachmittag einer um 16:45 Uhr nach Teheran und dann unserer um 17:45 Uhr nach Mashhad. Reale Abfahrtszeit war allerdings 18:45 Uhr.

So langsam schweift der Blick zurück und sortiert Eindrücke. Die Menschen im Iran sind durchweg freundlich, auch wenn es manchmal ein wenig aufdringlich in Richtung Geschäftemachen geht. Die Städte unterscheiden sich wenig von entsprechenden Städten zB in der Türkei. Sehr viele Händler überall, kleine Cafés, Lebensmittelgeschäfte und Restaurants mittendrin. Sehenswürdigkeiten sind hier vor allem Moscheen, Paläste und große, ursprünglich üppig angelegte Gärten. Uns fehlt der historische Hintergrund, das alles richtig einzuordnen. 

Reichlich Konfusion erzeugt das Geld. Hätten wir uns eine Touristen(debit)karte besorgt, wäre einiges vielleicht einfacher gewesen und wir hätten immer mit Karte bezahlen können. Wenn man mit Bargeld unterwegs ist, gibt es zB 10.000er, 100.000er und 1.000.000-Scheine. Diese Zahlen sind alle Rial. Beim Einkaufen werden die Preise nun manchmal in Rial ausgezeichnet, manchmal steht aber auch ein kleines „t“ dahinter. Das sind dann umgangssprachlich Toman – dafür dividiert man durch 10. Dh 1.000.000 Rial werden zu 100.000 Toman. So, und jetzt geh mal einkaufen und die Preise (die man ohnehin nur auf dem Taschenrechner gezeigt bekommen kann, weil man nix versteht) können in Rial, Toman und in der besten Variante Toman ohne Tausender (also statt 100.000 Toman nur noch 100) gezeigt werden. Meist hab ich beim Geldscheinraussuchen getroffen, manchmal aber auch grandios danebengelegen. Übrigens haben alle Verkäufer meine Fehler korrigiert. Eigentlich müsste der Iran bei Kopfrechenmeisterschaften relativ weit vorn mit dabei sein. Für Touristen, die mit den zehn Ziffern (١٢٣۴۵۶٧٨٩٠) nicht klarkommen, ist es eigentlich aussichtslos.

Zurück in den Zug. Diesmal fahren wir wohl 1. Klasse, so genau kann ich das nicht rausfinden. Das Abteil ist dunkelrot gepolstert, iranisches Schmuck-Dekor, Klimaanlage und wieder zwei, noch auf Windows 7 laufende Bildschirme, an denen man aber nix verstellen kann. Die Wagen könnten vom selben Hersteller wie die türkischen kommen – auch hier reicht die Bettlänge gerade nicht für meine ausgestreckten 1,94m. Und es gibt sowohl europäisches als auch asiatisches Klo. Zum Abendbrot bekommen wir Chicken-Sandwich, Tee und einen kleinen abgepackten Kuchen. 

Als Mitreisende gesellt sich eine 29jährige Hebamme zu uns. Verheiratet, zwei Kinder (das älteste ist sieben), ihr Mann arbeitet als Ingenieur in der Öl- und Gasindustrie. Sie fährt mit einer Freundin (Fitness-Trainerin) nach Mashhad in den Urlaub. Und spricht glücklicherweise ein wenig Englisch. Obwohl bei uns ein Platz frei bleibt, bekommt sie ihre Freundin auch nach längeren Diskussionen mit dem Schaffner abends nicht zu uns ins Abteil getauscht. Den Grund haben wir nicht so ganz verstanden. Am nächsten Morgen geht’s dann.

Die Fahrt geht wieder durch unendliche grau-braune Weiten. Komplett unwirtliche Gegend. Auch die vielen kleinen Bahnhöfe sind ins Nirgendwo gebaut. Keine Ahnung, wann hier mal jemand ein- oder aussteigt. Irgendwann morgens hält der Zug für längere Zeit, auf dem Gang plötzlich viel Bewegung – unsere Mitreisende macht uns auf die Gelegenheit zum Toilettengang aufmerksam. Das scheint mir aber nicht der Grund für den Stopp zu sein, es ist wohl eher Zeit fürs Morgengebet. Am frühen Nachmittag nochmal dasselbe. Längerer Gebetsstopp. An einem Kiosk kann man in der Zwischenzeit die Lebensmittelvorräte aufstocken oder nen Tee trinken. 

Die Bahnfahrkarten kosten nicht viel. Laut Preis auf dem Ticket waren es für die erste Fahrt ca. 10 USD pro Person, diesmal 25 USD. Das iranische Reisebüro, über das wir alles gebucht haben, stellt 25 bzw. 50 EUR in Rechnung. Scheint mir ok, da irgendein weiterer Zwischenhändler noch mitmischt.

Allerdings hatte ich vier Tage vor der Einreise in den Iran noch eine ganz harte Diskussion um die Preise mit dem Reisebüro und ernsthaft überlegt, ob wir’s sein lassen. Die Planungen mit dem Büro haben im Juli angefangen und es war ein dauerndes Hin und Her, was wir selbst wollten und was das Reisebüro uns verkaufen wollte. Hab immer wieder eingebremst und um Preisangaben für verschiedene Alternativen (Busfahrt, Bahnfahrt, Fahrer usw.) gebeten. Da kam nix zurück und als dann kurz vor Reisebeginn noch Aufschläge für Zimmer reinzukommen drohten und später nochmal Aufpreise für Ausländer in der Bahn, ist mir der Kragen geplatzt und ich habe damit gedroht, gar nicht zu kommen. Da offenbar Bahntickets schon gekauft und Hotels schon gebucht waren, wurden die Verhandlungen konstruktiv, wir haben Preise für die einzelnen Hotels und Transfers bekommen und konnten auf der Basis alles fest machen. War nur nervig, da wir uns gerade im Zug von Jerewan nach Tbilissi befanden mit entsprechend schlechter mobiler Verbindung. Am Ende haben uns die zehn Tage Iran 1.100€ cash gekostet plus 250€ für Eintritte, den Reiseführer in der ersten Stadt (Tabriz) und Essen, Trinken, Kleinigkeiten.

Beim vorletzten Stopp in Shiraz wollte sich die Reisebüro-Frau dann nochmal mit uns treffen und Rückmeldung zur Reiseerfahrung im Iran haben. Das war für mich ok, bis sie vorschlug, ein kleines Video zu drehen. Nee, das dann doch nicht. Und plötzlich war auch kein Bedarf mehr an nem Treffen. Kann ich ja alles gut verstehen und ist am Ende konsequent geschäftstüchtig gedacht. Muss man halt gegenhalten und sehen, dass trotzdem alles läuft. Und das tut es bis hierhin. 

Wir kommen in Mashhad nach 26 Stunden Fahrt mit drei Stunden Verspätung an.

 

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Mashhad  nach Ashgabat 🇹🇲

Etappe III Geheimnisvolles

In Mashhad steigen wir in einem in die Jahre gekommenen Grand Hotel ab. Das Hotel erinnert mich an die China Aufenthalte vor 20 Jahren. Mehrere Fahrstühle, in denen man nix drücken kann. Man muss draußen seine Zieletage angeben und bekommt dann einen Fahrstuhl zugewiesen. Das funktioniert von gut bis gar nicht. Auf dem Restaurant-Tisch steht eine klobige Tischnummer mit vergilbten Knöpfen zum Rufen des Kellners bzw. der Rechnung. Und beim Auschecken muss man immer eine Viertelstunde warten, bis die Minibar kontrolliert worden ist…

Kurz aufs Zimmer, dann mache ich noch einen Abendspaziergang, während Marta ihre Tiktok-Videos schneidet. Entspannte Abendatmosphäre in der Stadt. Die Geschäfte haben auch um 22.30 Uhr noch auf, Frauen verdecken die Haare locker bis gar nicht. Abuer auch immer mal wieder Plakate mit dem Bild des getöteten Hizbullah Chefs. Fast finde ich den Weg zurück ins Hotel nicht. Da Marta unsere SIM Karte im Handy hat, bin ich auf meinen Orientierungssinn und Glück beim Straßenverlauf angewiesen. Im Zweifel hab ich noch n paar Rial in der Taschen und – nach unangenehmem Feilschen am Bahnhof – ein grobes Gefühl für die Taxi-Preise.

Von Mashhad zur Grenze fahren wir durch landwirtschaftliche genutzte Flächen. Obstplantagen, Tomatenfelder, abgeerntete Getreidefelder. Die Feldergröße spricht eher für Klein- denn Großbetriebe. Kurz nach 12.00 Ankunft an der iranisch-turkmenischen Grenze. Aus dem Iran sind wir schnell raus, nach Turkmenistan rein ist deutlich aufwändiger. Wir haben eine ausgedruckte Einladung dabei – damit sollen wir ein Visum bekommen. Das klappt am Ende auch, allerdings wird vorher noch ein Corona-Test fällig. Der kostet stolze 33 USDollar pro Person + 4 USD Bankgebühr. Hinzu kommt Tourismussteuer von 10 USD pro Person + 4 USD Bankgebühr. Und das Visum kostet 55 USD +, genau, 4 USD Bankgebühr. Am Ende sind wir 2x110 USD los, um einreisen zu können. Dafür werden wir aber bevorzugt behandelt und dürfen an all den schwer bepackten Turkmenen vorbei, die mit Tränen in den Augen zugucken, wenn ihre geschmuggelten Zigaretten mit nem groben Küchenmesser zerschnitten und weggeworfen werden. 

Vom Grenzposten geht’s mit nem Taxi durchs bergige Sperrgebiet, bis wir in unser eigentliches Taxi umsteigen. Wir rollen auf Ashgabat zu. Eine große, weiße Stadt. Es geht über breit ausgebaute moderne Straßen an Sportkomplexen vorbei, modernen Ampelanlagen, an grünen Parks mit viel Wasser und Springbrunnen. Allerdings sind nirgends Menschen zu sehen. Alles ist modern, zum Teil an stalinistische Architektur erinnernd, aber steril. Zu den weißen Häusern kommen die weißen Autos. Wir sehen nichts als weiße (und silberne) Autos. Japanisch, deutsch, chinesisch. Aber immer weiß. Frauen tragen auffällig häufig nationale Tracht. Ein rätselhaftes Land. 

Unser Hotel ist auch wieder ein in die Jahre gekommenes 70er oder 80er Jahre Exemplar. Alles ok, aber abgewohnt. Es liegt aber im alten Teil der Stadt, der dann wieder sowjetisch aussieht. Und hier gibt es endlich auch Menschen. Wir erlaufen uns einen ersten Eindruck von der Stadt, gehen was essen und kommen müde ins Hotel zurück.

 

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Ashgabat und Karakum 🇹🇲

Etappe III Geheimnisvolles

Das Frühstück ist eher dürftig. Tomaten/Gurken/Feta. Pfannkuchen mit Reis-Fleisch-Füllung. Grießbrei. Brot. Marmelade. Ein in Richtung Rote Beete schmeckender Saft. Aber es stärkt erstmal. Dann Checkout. Bitte 2 USD pro Person. Ok. Wir zählen schon nicht mehr mit.

Ein Fahrer nimmt uns in Empfang und fährt uns zunächst zur großen Moschee. Die ist echt beeindruckend. Relativ moderner Bau, hohe Minarette, von innen alles prächtig verziert. Und viel Marmor. Die modernen weißen Gebäude sind alle mit Marmor verkleidet. Offenbar sind Unmengen verbaut worden. Im Anschluss besuchen wir noch drei Monumente, die jeweils in riesigen bewässerten Parks mit Unmengen an Springbrunnen und Wasserspielen liegen. Jeweils mehrere Frauen putzen und säubern die Anlagen. Wieder alle in traditionellen Kleidern, zum Teil mit Mundtüchern gegen den Staub geschützt. 

Dann halten wir kurz an einer Tankstelle. Betankt wird von Tankwarten, der Liter Benzin kostet umgerechnet 8 Cent, die Hälfte von einem Liter Wasser. Und – ALLE Autos an der Tankstelle sind weiß. Ein komisches Bild.

Die Tankstelle ist genauso wie alle öffentlichen Gebäude in Turkmenisch beschriftet. Vom Schriftbild erinnert das an Türkisch, vom Klang eher nicht. In Restaurant und Café waren die Speisekarten allerdings alle nur in Russisch. Mit Russisch kommt man in der Stadt auch ganz gut weiter. Bei einer unserer Ins-Leben-Eintauchen-Aktionen wäre es ohne nicht gegangen: wir wollten auf der Post (bis 20.00 Uhr auf) Postkarten und Briefmarken kaufen. Postkartenporto gäbe es überhaupt nicht, wir müssten Briefe schreiben. Nach kurzem radebrechendem Smalltalk bitten wir um 2x Brief. Mit Hingabe klebt die Frau – wieder in traditionellem Kleid – elf Briefmarken übereinander auf den Umschlag. Wir bedanken uns lächelnd und freuen uns über den kleinen Erfolg. Die Goldzähne blitzen zurück.

Kleiner Abstecher in einen Supermarkt – im Kühlschrank leider kein Bier, stattdessen wird gleich der Wodka gekühlt. Alle Preise sind – beim Dollar-Schwarzmarktkurs, der 5x der offizielle ist – für uns lächerlich niedrig. 

Kurz vor Mittag fahren wir ins Büro, wir müssen unsere Reise noch bezahlen. Der Preis ist im Vergleich zu allem Anderen auf unserer großen Reise absurd. Aber so ist das, wenn man in vergleichsweise unzugängliche Länder will. Das mit dem unzugänglich relativiert sich dann aber ganz schnell wieder. Beim Frühstück im Hotel treffen wir eine gemischte Reisegruppe aus Europa/USA, abends sind wir in einem Jurtendorf, dort ist alles von China über Kanada, Frankreich, Russland, Oman bis Deutschland vertreten. Auf dem Weg ins Dorf sind wir auch noch Indern begegnet, die mit Autos bis nach London wollen…

Das Jurtendorf ist an einem ehemaligen Versuchsbohrloch für Erdgas gebaut. Dort hatte man das Gas angezündet, um es schlicht runterbrennen zu lassen. Mittlerweile brennt seit 50 Jahren ein Feuer, das „Tor zur Hölle“ ist zu einer Haupttouristenattraktion geworden. Allerdings scheint das Feuer langsam kleiner zu werden. Die Straße dorthin ist ein echter Reifenfresser. Immer wieder sehen wir geplatzte Reifen am Straßenrand, auch gerade liegengebliebene Autos und Lkws. Eine Piste mitten durch die Wüste, links und rechts sind immer mal Kamele zu sehen.

Wir machen’s uns in unserer Jurte gemütlich und freuen uns aufs gemeinsame Barbecue.

Video Moschee Asghabat

Video brennende Erde (seit 50 Jahren)

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Ashgabat 🇹🇲

Etappe III Geheimnisvolles

Den Abend verbringen wir beim Barbecue inmitten von mehr als 130 anderen Reisenden. Vor allem große Reisegruppen, aber eben auch Wohnmobilreisende aus Deutschland (wollen weiter in den Iran), ein Motorradfahrer aus Oman und eine alleinreisende Motorradfahrerin aus ??? Wir plaudern über deren Erfahrungen in Zentralasien und unsere in Iran. Ganz kurz saß auch noch ein älteres slowenisches Ehepaar an unserem Tisch, dass in zwei Wochen mit neun Flügen ganz Zentralasien „abgehakt“ hat. Auf deren „Uhr“ stehen nun 121 Länder. 

Im Dunkeln spazieren wir nochmal zum Feuerkrater, danach trinken wir ein letztes Bier/eine Pepsi vor unserer stromlosen Jurte.  

Morgens ist schon relativ früh viel Betrieb im Dorf. Die Reisegruppen wollen/müssen weiter. Nach kleinem Frühstück nimmt uns der Chef des ganzen Ladens in seinem Auto mit. Wieder 250km reichlich schlechte Straße, Kamele am Straßenrand, diverse liegengebliebene LKWs. Und ein chinesisches Duo, dass von China nach Kroatien auf der Seidenstraße unterwegs ist. Es scheint so, als ob die (Reise-)Verrückten dieser Welt alle unbedingt über Turkmenistan fahren wollen.

Unser nächster Stopp ist ein Großmarkt – auf turkmenisch. LKWs randvoll mit Melonen – sowohl Honig- als auch Wassermelonen –, Granatäpfel, Tomaten, Weintrauben, …  Mal dürfen wir keine Fotos machen, mal werden wir zum Fotografieren eingeladen. Einmal sogar auf einen Tee, als der Verkäufer hört, dass wir aus Deutschland kommen. Kurzer Smalltalk, freundliche Gesichter und immer wieder funkelnde Goldzähne. Auf der anderen Marktseite gibt es alles von Möbeln über Stoffe, Fahrräder, Baumaterialien, Autoersatzteile bis hin zu Teppichen, Töpfen, Großküchengeräte. Nix für uns, in drei Tagen wollen wir die Grenze nach Usbekistan überqueren. 

Dann können wir ins Hotel. Einmal duschen, kurze Pause und am Nachmittag bekommen wir eine Stadtrundfahrt zu den nächsten Denkmälern. Zunächst geht es zum Denkmal für die gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges, das mit einem Denkmal für die Opfer des großen Erdbebens 1948 kombiniert wurde. Ein riesiger Komplex mit drei Museen, erst vor ein paar Jahren eröffnet. Rundherum wieder ein großer Park, alles grün und viel Pflegepersonal unterwegs. Letzteres gilt auch für eine der großen Moscheen Zentralasiens, die sich etwas außerhalb von Ashgabat befindet. Ein riesiges Marmorgebäude, umgeben von Fontänen, Wasserflächen, Wasserkaskaden. 

Nach dem kulturellen Teil fahren wir in ein traditionelles turkmenisches Restaurant und essen im Schneidersitz – bzw. seitlich liegend, wie bei den Fernfahrern beobachtet – turkmenische Gerichte. Hinterher geht’s durch das beleuchtete Regierungsviertel. Überall Lampen, in den Parks viele Laternen, die Springbrunnen farbig beleuchtet, an hohen Gebäuden alle möglichen Lichtinstallationen. Selbst der Bahnhof hat eine eigene Lichtkomposition…  Im gesamten weißen Teil der Stadt sieht man keine Supermärkte, Märkte oder ähnliches. Alles ist hinter den blauen Fensterscheiben verborgen, vermutlich damit das Stadtbild ästhetisch bleibt. Will man einkaufen, muss man wissen, wo sich Märkte befinden. Offenbar gibt es aber im Erdgeschoss der vielen hohen Wohnhäuser regelmäßig Supermärkte.

Vom Fahrer erfahren wir, dass er für eine fünfköpfige Familie ca. acht USDollar im Monat für Strom, Wasser, Gas bezahlt. Und er rechnet uns vor, dass Elektromobilität wegen des Benzinpreises auf absehbare Zeit in Turkmenistan nicht kommen wird. Ein Teil der neuen weißen Hochhäuser sind im Übrigen Wohngebäude, deren Apartments die Bewohner kaufen können. Mit staatlichen Krediten über dreißig Jahre.

Ansonsten fallen uns auch hier immer wieder die Terminals auf, von denen aus man Telefon, Gas-/Wasser-/Stromverträge verwalten kann. Wir verwalten unser Kleingeld und kaufen noch ein paar russische Süßigkeiten.

Video Moschee Turkmenbashi

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Von Ashgabat nach Turkmenabat 🇹🇲

Etappe III Geheimnisvolles

Heute geht es etwas später los – der Reiseagentur gehen die Ziele aus. Beim – diesmal etwas besseren – Frühstück treffen wir wieder eine Reisegruppe, die auch im Jurtendorf übernachtet hat. Die Gruppe steigt in den Reisebus, wir zu unserem Fahrer ins Auto – natürlich erst, nachdem wir unsere vier Dollar bezahlt haben. Zunächst fahren wir etwas aus der Stadt raus, um das nächste monumentale Denkmal zu erklimmen. Eine gigantische Figur, zu der man mehr als 100 Stufen hochsteigen muss. Von oben haben wir einen guten Blick auf die Stadt, vor allem aber auf die frisch gepflanzten Bäume und die Grundstruktur des – wie um alle Denkmäler und Monument – neu angelegten Parks. Riesige Flächen, die bewässert und begrünt werden.

Nächster Halt ist am Riesenrad. Das steht wohl im Guinness Buch der Rekorde (für den größten Durchmesser?) Die diversen Drehkreuze am Eingang sind außer Betrieb, wir werden zum Fahrstuhl gebeten. Von dort geht es über Gitter, die für Schlangen von 100+ Menschen angelegt sind, direkt zu den Gondeln. Vor uns zwei Chinesen mit Reiseleiter, ansonsten dreht sich der Koloss nur für uns. Diese Gigantomanie löst Kopfschütteln aus. Überall riesige Anlagen. Und selbst in der Hauptreisezeit nur vereinzelte Besucher, die von der Anzahl immer vom Betreuungs-/Pflege-/Reinigungspersonal übertroffen werden. Vielleicht braucht ein Petro-Staat schlicht Beschäftigung für seine Bewohner.

Und da nun langsam die Sehenswürdigkeiten ausgehen, stoppen wir kurz am Puschkin- und Lenin-Park aus sowjetischen Zeiten. Die Denkmäler sind um mehrere Dimensionen kleiner, Puschkin kann man auf seinem meterhohen Sockel kaum erkennen. Bei Lenin blättert die Farbe ab und die Türen fallen aus dem Rahmen. Die Zeiten und die zu Verehrenden haben sich wohl geändert.

Ach, einen Stopp haben wir noch. An einem Ahalteke-„Gestüt“. Das gehört dem Chef unserer Reiseagentur und des Jurtendorfs. Wenn man keine Sehenswürdigkeiten mehr hat, schafft man sich eben welche. Sehr praktisch. Die Touristen werden einfach vorbeigefahren, eine Runde auf dem Rücken eines Pferdes kostet dann gleich nochmal 10 USD. Fotos der Pferde sind allerdings im Reisepreis inbegriffen. Und von den vorgeführten sechs Pferden sind zwei wirklich schön.

Auf dem Rückweg winkt uns ein Polizist an den Straßenrand. Verkehrskontrolle. Unser Fahrer zeigt die Papiere, wir dürfen weiter. Kaum um die Ecke gebogen, wird das Auto vor uns vom nächsten Polizisten rausgewunken. Es ist schwer abzuschätzen, ob auf diese Weise Verkehrsdisziplin erzwungen werden soll oder ob das eine oder andere Nebengeschäft winkt. Gestern habe ich auf dem Weg zurück vom Jurtendorf an einer Straßensperre beobachtet, dass der Fahrer eines rausgewunkenen Autos dem Polizisten per Handschlag Geld zugesteckt hat, das sofort in der Uniformhose verschwunden ist. 

Zurück am Hotel entscheiden wir uns für eine kleine Runde ums Haus. Direkt nebenan in einem Bürogebäude residiert die deutsche Botschaft in gerade einmal fünf Büros. In der Etage darüber die britische, ebenfalls in fünf Büros. Außerdem finden sich hier eine palästinensische Vertretung und eine chinesische Airline. Eine bunte Mischung. Danach kommen wir an einer Schule vorbei. Die Schulkleider der Mädchen sind grün, die Jungs haben schwarze Anzüge und weiße Hemden. Im Studium tragen die Studentinnen dann rote Kleider, die Studenten bleiben bei schwarz/weiß. Am Ende der Runde erreichen wir den (festen) Zirkusbau. Dort sehe ich Werbung für einen Barbershop und riskiere einen Haarschnitt – es wird langsam Zeit. Für knapp fünf Euro sind die Haare weg. Eleganter Schnitt, null Probleme.

Und dann setzen wir uns in die Lobby und warten darauf, zum Bahnhof abgeholt zu werden. Wir versuchen nochmal, ins Internet zu kommen. Aber außer dem Zugang zu diesem Blog funktioniert nicht viel. Von den Nachrichtenseiten kann ich gelegentlich die NZZ (ohne Bilder/Videos) erreichen. Alle deutschen/englischen Medien sind nicht zugänglich. VPN kann man auch nicht auf die Verbindung setzten. Bleibt Zeit, nochmal genauer auf die turkmenische Flagge zu schauen. Die fünf Sterne neben dem Halbmond stehen für fünf Regionen. Die fünf Symbole auf der linken Seite für fünf Stämme. Die Symbole finden sich im Alltag an verschiedenen Stellen.

Unser Fahrer kommt zu spät, um uns zum Bahnhof abzuholen. Und fährt dann wie der Teufel. Passt aber alles noch. Er setzt uns in den Zug, besorgt noch die versprochenen Lunch-Pakete und unsere Zugreise geht in einem rappelvollen Zug los. Auf den Gängen sitzen Reisende auf kleinen Klappsitzen obwohl der Zug um 19:50 abfährt und um 08:30 ankommen soll. Wie die das durchalten wollen? Na, egal. Wir machen das Lunchpaket auf, bekommen stilvoll Tee serviert, dazu den Hinweis, dass Rauchen nur auf dem Klo erlaubt sei und machen uns schon mal schlau, wo der usbekische Wechselkurs steht und was uns am Grenzübergang erwartet.

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Von Turkmenabat nach Buchara 🇺🇿

Etappe III/IV Geheimnisvolles/Stanistan

Es wird langsam hell. Draußen nur Wüste. Ich schau auf den Gang, da haben tatsächlich Leute geschlafen. Die Nacht war für uns einigermaßen ok. Belüftung ging zwar nur über Klappfenster im oberen Teil der Scheibe und Klimaanlage gab’s nicht, so dass wir die Wahl zwischen laut oder stickig hatten. Wir kommen überpünktlich in Turkmenabat an. Und werden schon von einem Fahrer erwartet. Der sammelt unterwegs noch jemanden ein („meine Schwester“) und nach ner knappen halben Stunde sind wir an der turkmenischen Grenze. Passvorkontrolle, dann Minibus. Turkmenisches Geld haben wir nicht mehr. Wird von einer netten Mitreisenden für uns übernommen. Dann Zoll. Wir brauchen ne Zollerklärung. Formulare? Bekommen wir von der Schwester gereicht. Alles nur auf turkmenisch. Aussichtslos. Ein Fernfahrer füllt die für uns. Dann Passkontrolle. Dann wieder Minibus. Uzbekisches Geld. Haben wir noch nicht – ein anderer Mitreisender übernimmt. Letzte turkmenische und erste uzbekische Kontrolle. Wieder Minibus. Uzbekisches Geld. Die erste Mitreisende springt wieder ein. Ich will in allen Fällen mit USD bezahlen, aber die Mitreisenden wollen helfen. Dann Passkontrolle und Zollkontrolle Uzbekistan. Dann noch 200m zu Fuß, dann draußen. Wir sind positiv überrascht von der Freundlichkeit der Menschen. 

Kaum draußen umringt und bedrängt uns eine Traube an Taxifahrern. Plötzlich ruft uns die Schwester des Fahrers von der turkmenischen Seite, sie hätte noch Plätze frei. Wir gehen mit und wollen ins Auto steigen. Sofort ist das Auto von einer Gruppe usbekischer Taxi-Fahrer umringt. Sie lassen uns nicht losfahren. Es entspinnt sich ein sehr aggressiver Dialog. Die Schwester brüllt, schreit, wird handgreiflich. Schimpft vermutlich auch ordinär und wir sind kurz vor einer Schlägerei. Als die Schwester ordentlich zupackt, drängt man sie zur Seite, unser Fahrer (ihr Bekannter) wird brutal aus dem Auto gezerrt. Es geht hin und her. Ich überlege, ob ich was machen kann, aber mir fällt nix ein. Mit DIESEN Taxifahrern hab ich ja nun auch keine Lust zu fahren. Plötzlich macht ein anderer Fahrer die Tür bei uns auf und fragt auf Russisch, wo wir hinwollen. Geistesgegenwärtig spreche ich mit ihm deutsch und bitte, dass er mir auf Deutsch antwortet. Er macht die Tür wieder zu – den sind wir immerhin los. Nach 20 bis 30 Minuten Gezeter sind wir dann endlich unterwegs. Das war selbst mir ein wenig zu dicht am Alltag der Usbeken, der mich ja eigentlich interessiert.

Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Es ist noch eine Stunde bis Buchara, plötzlich fahren wir seitlich ran und sollen auf dem Handy zeigen, wo wir genau hinwollen. Und nun gibt’s in unserem Auto ne Diskussion, was wir denn bezahlen. Die Schwester fängt mit 100 USD an, die Taxifahrer würden 200 USD haben wollen. Gottseidank hatte ich mich schlau gemacht und wusste, dass die Fahrt zwischen 12 und 20 USD (in usbekischem Geld) kostet. Hin und her, hin und her. Am Ende sind wir bei 20 USD. Ich stimme zu, schließlich wollen wir ja nicht auf offener Strecke rausgesetzt werden. Aber zu dem Preis hätten wir vermutlich auch ein Taxi nehmen können.

Wir kommen in Buchara an, der Fahrer findet aber das letzte Stück Weg nicht – wir wollen aussteigen und die letzten 1,5km laufen. Packen unseren Kram. Und bezahlen. Und jetzt ist es mein Part, zu verhandeln. Statt 20 USD gebe ich 12 USD (im Russischen sind die beiden Zahlen phonetisch nicht weit auseinander). Tue etwas verwundert und erkläre, dass ich das Hotel angerufen hätte und wüsste, was eine Taxifahrt in usbekischem Geld kostet. Dann nehme  ich den Wechselkurs und rechne die 12 USD aus. Nee, der Wechselkurs wäre anders, sagt die Schwester. Ok, dann nehmen wir den. 13,60 USD. Bitteschön. Dann will sie die kleinen Scheine nicht. Ok, dann eben nur 10 USD. Hin und her, hin und her. Ich gebe 15 USD, mache nen festen Handschlag und wünsche gute Fahrt. Grummelnd steigt sie ins Auto. Hatte sich nen massiven Nebenverdienst ausgerechnet, dabei sind auch die 15 USD schon extra, da der Bekannte sowieso gefahren ist. Und sie ist heute Morgen auf unsere Kosten mit zur Grenze gekommen. Nicht jeder ist dein Freund, bei dem es zunächst so aussieht...

Usbekistan ist uns für den Augenblick verleidet. Dann kommen wir im Hotel an, bekommen ein nettes Zimmer, vorerst alles ok. Wenn nicht der Stress noch im Kreislauf stecken würde. Ich dusche schnell und fahre zu einem Reisebüro, um unser Zugticket für nächsten Dienstag zu besorgen. Leider keine Plätze frei (ich denke, der Zug fährt schlicht nicht, weil unmittelbar vor unserem Iran-Besuch noch alle Plätze des gesamten Zuges frei waren). Auch das noch. 

Wir bummeln erstmal in die Stadt, machen kleines Sightseeing, essen was und besprechen unsere zu ändernden Pläne. Langsam, langsam kommen wir im schönen Buchara an.

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